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Rede des GeneralSekretärs bei den OSZE-Sicherheitstagen – Brücken Bauen: Förderung des Dialogs zur Verhütung von Radikalisierung und Gewalttätigem Extremismus

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[ES GILT DAS GESPROCHENE WORT]

22. Mai 2015

OSZE-Sicherheitstage – Brücken bauen: Förderung des Dialogs zur Verhütung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus

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Ich möchte der OSZE mein Lob für die Ausrichtung dieser Diskussionsveranstaltung aussprechen, und ich fühle mich geehrt, als Gast dieser angesehenen Podiumsrunde einige Gedanken mit Ihnen teilen zu dürfen. 

Meine Damen und Herren, diese Konferenz findet zu einem Zeitpunkt statt, der für die ganze Welt von großer Bedeutung ist. Terrorismus und Extremismus sind auf dem Vormarsch. Fehlendes Verständnis zwischen Menschen unterschiedlicher Kulturen und Religionen bringt neue Generationen hervor, die von Furcht und Intoleranz geprägt sind.

Gemeinsam müssen wir mehr tun, um zu verstehen, warum sich so viele Menschen radikalen Gruppen anschließen, die im Namen der Religion Gewalt ausüben. Wir müssen die richtigen Fragen stellen. Die traditionellen Herangehensweisen – militärische und politische – können uns allein keine genaue Diagnose liefern und haben sich nur allzu oft als unwirksam erwiesen, wenn sie nicht von Dialog begleitet waren. Tatsächlich vergrößern sie häufig das Problem des Extremismus. 

Der koordinierte internationale Einsatz von Dialog zur Vorbeugung von Gewalt und zur Eindämmung des Extremismus muss Teil der Lösung sein.

Politische Lösungen sind nötig, um an die sozioökonomischen und systemischen Ursachen des Extremismus heranzugehen. Aber politische Lösungen allein können weder Feinde miteinander versöhnen noch Vertrauen zwischen Menschen unterschiedlicher Kulturen aufbauen oder die Zusammenarbeit zwischen Gemeinschaften fördern. Das kann nur der Dialog.

Ohne Dialog kann es keine dauerhafte Lösung geben.

Unsere große Herausforderung heute ist die Radikalisierung. Religiöser Extremismus kann nicht bekämpft werden, ohne dass Religionsvertreter und religiöse Institutionen für einen gemeinsamen Dialog an einen Tisch gebracht werden. 

Religionen beeinflussen das Leben von Millionen Menschen, prägen ihre Weltsicht und ihr Verhalten. Menschen, die unsicher sind, suchen nach Halt. Religion bietet vielen, die in Angst leben, die Sicherheit, nach der sie suchen. Wenn Religion missbraucht wird, um Hass, Vorurteile und Gewalt zu säen und zu rechtfertigen, wird der sichere Hafen zu einer Schmiede der Radikalisierung.  Zu viele junge Menschen lassen sich täuschen von dem Gemeinschaftsgefühl, das Extremisten ihnen versprechen. Der Dialog kann dafür sorgen, dass diese falschen Versprechungen nicht mehr auf fruchtbaren Boden fallen.

Für Menschen, die in säkularen Staaten leben, ist es wichtig zu verstehen, dass in anderen Regionen Religion oftmals missbraucht wird, um Konflikte zu rechtfertigen, die territorial, politisch oder geografisch motiviert sind.

Die gute Nachricht ist, dass für die überwältigende Mehrheit der Gläubigen auf der Welt Religion eine Kraft des Guten ist. Wenn diese Kraft darauf gerichtet wird, Koexistenz und gegenseitiges Verständnis zu fördern, kann der Dialog die internationale Bemühungen im Kampf gegen den Extremismus stärken. 

Effektiver Dialog erfordert einen vorurteilsfreien und neutralen Raum. Einen Raum, in dem jede Seite sich darauf einlassen kann, den Standpunkt des anderen zu verstehen. Die Begegnung muss auf Augenhöhe stattfinden.

Die OSZE hat in diesem Bereich große Führungsqualität bewiesen. Vor zehn Jahren veröffentlichte sie die Erklärung von Cordoba. Darin wird anerkannt, wie wichtig die Förderung des interreligiösen Dialogs ist. Die Erklärung ruft uns alle dazu auf, jegliche Identifizierung einer Religion, Nationalität oder Kultur mit Terrorismus oder Gewalt abzulehnen.

Das Internationale Dialogzentrum, oder KAICIID, wurde konzipiert, um Brücken zu bauen, die verschiedene Weltanschauungen, Religionen und kulturelle Gruppen miteinander verbinden, ebenso wie Menschen, die einander nie begegnet sind. Wir fungieren als Dolmetscher, Brückenbauer und Förderer. Es ist unser Ziel, offenen und vorurteilslosen Dialog auch dort zu ermöglichen, wo er zuvor nie existiert hat.

Unsere Partner sind die UNESCO, das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNPD), das UNO-Büro zur Verhütung von Völkermord, die Allianz der Zivilisationen der Vereinten Nationen, die ISESCO, das OIC, die Mittelmeerunion und die Anna-Lindh-Stiftung.  Wir arbeiten auch mit anderen Partnern der Zivilgesellschaft zusammen, etwa Religions for Peace, der Weltpfadfinderbewegung, Search for Common Ground und der United Religions Initiative.

In der Zentralafrikanischen Republik beispielsweise unterstützen wir in Partnerschaft mit Organisationen der Zivilgesellschaft einen Radiosender, der Brücken zwischen christlichen und muslimischen Gemeinschaften baut und die Botschaft von Frieden und interreligiösem Dialog verbreitet.

Im April arbeiteten wir in Marokko in Fez mit dem UNO-Büro zur Verhütung von Völkermord zusammen, um Vertreter verschiedener Religionen, auch religiöser Minderheiten, zusammenzubringen. Diese Religionsvertreter haben sich verpflichtet, gemeinsam gegen die Anstachelung zur Gewalt zu kämpfen, die zu grausamen Verbrechen führen kann. Im Rahmen eines Aktionsplans versuchen wir, in den nächsten 12 Monaten weitere Religionsvertreter aus der ganzen Welt zu rekrutieren, die sich ebenfalls für dieses Ziel engagieren möchten.

Diese Woche haben wir in Beirut die erste Follow-up-Veranstaltung  nach der wegweisenden Konferenz in Wien im letzten November abgehalten, auf der sich Vertreter von Christen, Muslimen und anderen religiösen Minderheiten aus Irak, Syrien und dem Mittleren Osten mit einer Stimme gegen Gewalt im Namen der Religion ausgesprochen hatten.

Wir arbeiten im Rahmen der Konfliktlösung auch mit internationalen Partnern wie ASEAN zusammen, um die Arbeit in Myanmar zu unterstützen, oder mit Religions for Peace für die Arbeit in Nigeria.

Herr Generalsekretär, meine Damen und Herren, wir sind heute hier, um gemeinsam neue Wege zu finden, wie unsere Organisationen ihre Kräfte bündeln können. Um neue Partnerschaften vorzuschlagen, die den Dialog fördern, um den Extremismus einzudämmen und der Gewalt im Namen der Religion vorzubeugen. Das ist eine große Aufgabe. Keine einzelne Organisation kann sie alleine bewältigen. Wir müssen unsere Kompetenzen zusammenbringen, um uns gemeinsam gegen diese Bedrohung zu stellen, die uns alle betrifft.

Ich freue mich auf eine lebhafte Diskussion in der anstehenden Podiumsdiskussion. Und natürlich stelle  ich die Arbeit von KAICIID sehr gerne auch ausführlicher dar, falls es Fragen geben sollte.