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Interreligiöse Plattform interveniert, um Gewalteskalation in der Zentralafrikanischen Republik zu verhindern
Vor dem Hintergrund der anhaltenden Unruhen in der Zentralafrikanischen Republik versetzte ein Gefecht zwischen Rebellen und UN-Friedenstruppen die abgelegene Stadt Obo im Sommer dieses Jahres in Aufruhr. Infolge von Tod und Zerstörung stiegen die Spannungen und die Bevölkerung ließ ihre Wut an den Blauhelmen aus. Daraufhin wurde eine von KAICIID unterstützte interreligiöse Friedensmission entsandt, um zu vermitteln und Spannungen abzubauen.
Die Auswirkungen unterstreichen die entscheidende Rolle, die religiöse Führerinnen und Führer sowie interreligiöse Initiativen bei der Lösung von Konflikten und der Schaffung von Frieden in der vom Krieg gezeichneten Zentralafrikanischen Republik spielen können.
Die Geschehnisse nahmen in einer Nacht Ende Juli ihren Lauf. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Land bereits mehr als sieben Monate lang heftige Kämpfe hinter sich. Bewaffnete Gruppen hatten sich kurz vor den Präsidentschaftswahlen im vergangenen Dezember zusammengeschlossen und eine Rebellion angezettelt. Das markierte eine neue Phase des Umbruchs in einem seit vielen Jahren andauernden Bürgerkrieg.
Die kleine, abgelegene Stadt Obo liegt in der Nähe der Grenze der Zentralafrikanischen Republik zum Südsudan und zur Demokratischen Republik Kongo. Sie wird von einer Einheit aus Regierungssoldaten und MINUSCA-Personal, wie die UN-Friedenstruppe genannt wird, bewacht. Obos verarmte Bevölkerung, die von mehreren bewaffneten Gruppen umzingelt wird, ist in Sachen Gesundheitsdienste und Bildung komplett von NGOs abhängig.
Am 26. Juli erhielt das MINUSCA-Kontingent einen Hinweis auf einen bevorstehenden Rebellenangriff und stationierte Militärfahrzeuge in der Nähe der Stadt. Später kam es zu Schießereien, bei denen zwei Menschen starben, darunter ein Regierungssoldat und ein zweijähriges Kind. Eine Frau wurde schwer verletzt, Häuser und Geschäfte wurden in Brand gesetzt.
Nach dem Tod des Soldaten prangerte das Armeekommando von Obo – das zu diesem Zeitpunkt bereits seit 18 Monaten dort stationiert war, dreimal länger als die ursprüngliche sechsmonatige Mission – die Friedenstruppen an und beschuldigte sie wütend des Mordes an ihrem Kameraden.
Die Bevölkerung der Stadt behauptete, die MINUSCA habe den Vorfall inszeniert, und begann, gegen die Truppe zu demonstrieren, um den sofortigen Abzug der Blauhelme zu fordern. Sie drohten damit, ihre Märsche zu intensivieren und kriegerische Aktionen durchzuführen, wenn ihre Forderungen nicht erfüllt würden. Davon würden auch die Friedenspatrouillen und die Bereitstellung von Hilfsgütern – ein lebenswichtiger Dienst – unterbrochen.
Als die Spannungen aufflammten, wurden zwei Vermittlungsmissionen entsandt, eine von der Regierung, die andere vom Militär und der UNO. Doch ihre Bemühungen scheiterten, die Situation in Obo blieb angespannt.
Ein neuer Ansatz für Mediation und Frieden
Ein dritter Nothilfeeinsatz wurde geplant, diesmal mit Beteiligung einer interreligiösen Gruppe namens Plateforme des Confessions Religieuses de Centrafrique (PCRC), die von KAICIID finanziell sowie durch Schulungen, Aktivitäten und Hilfe bei Einsätzen vor Ort unterstützt wird. Die Plattform, die katholische, protestantische und muslimische Religionsführer zusammenbringt, unterstützt die Friedenskonsolidierung in der Zentralafrikanischen Republik durch interreligiösen Dialog und Kampagnen gegen Hassrede.
Die Interreligiöse Plattform wurde von den wichtigsten religiösen Führern der Zentralafrikanischen Republik – Kardinal Dieudonné Nzapalainga, Pfarrer Nicolas Guérékoyame-Gbangou und dem verstorbenen Imam Omar Kobine Layama – unterstützt, die sich wiederholt mit ihrer geistlichen Autorität für den Frieden eingesetzt haben.
„Religiöse Führer nehmen in der Zentralafrikanischen Republik einen wichtigen Platz ein, da mindestens 95 Prozent der zentralafrikanischen Bevölkerung angibt, gläubig zu sein“, sagt Boris Yakoubou, KAICIID-Experte in dem Land. „Sie nutzen ihren Einfluss, um sich für religiöse Toleranz, friedliche Koexistenz und die Achtung der Zivilbevölkerung in Konfliktzeiten einzusetzen.“
Im August flog Vertreterinnen und Vertreter der PCRC nach Obo. Die Stadt ist aufgrund der gefährlichen und völlig zerstörten Verbindungsstraßen vom Rest des Landes abgeschnitten. Zu dem Team gehörten Guérékoyame-Gbangou, Layamas Stellvertreter, Imam Abdoulaye Ousselenge, der Vertreter von Kardinal Nzapalainga, Yakoubou von KAICIID und andere Mitglieder der PCRC.
Sie begannen damit, mit den wichtigsten Beteiligten zu sprechen – der Armee, der lokalen Bevölkerung, den UN-Friedenstruppen, dem Gouverneur der Region sowie Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft. Die Einbeziehung aller Beteiligten sollte ein Grundpfeiler der Gespräche sein.
Sie hörten sich die Probleme und Anliegen an und suchten nach Wegen zur Deeskalation der Krise. Gleichzeitig versuchten sie den Kontakt zu wichtigen politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern in der Hauptstadt Bangui aufrechtzuerhalten.
„Die Interreligiöse Plattform brachte die verschiedenen Parteien an einen Tisch. Sie hörte ihnen zu und lud sie ein, eine einvernehmliche Lösung zu finden“, so Paterson Ndomodecko, der die Jugendprogramme der Gruppe koordiniert und an den Gesprächen in Obo teilnahm. „Seit ihrer Gründung hat die PCRC eine entscheidende Rolle bei der Konfliktlösung gespielt. Interreligiöse Initiativen sind wichtig, um den Frieden im Land zu sichern.“
Angesichts der großen Spannungen beschloss die PCRC, die Gespräche nicht nur mit der Sprache der Versöhnung zu führen. Die Vermittler schufen einen sicheren Raum, in dem die Menschen zunächst ihrer Frustrationen Luft machen konnten. „Wir haben die Bevölkerung zu Wort kommen lassen und uns auf das aktive Zuhören konzentriert“, erklärt Yakoubou.
Nach diesen nichtöffentlichen Gesprächen wurde eine große öffentliche Versammlung abgehalten, bei der jede Partei die Möglichkeit hatte, in einem offenen Forum zu sprechen. Dies führte zu einem Durchbruch und ein weiterer Konflikt konnte abgewendet werden.
„Es gab öffentliche Erklärungen, die gemeinsam von der FACA, dem Präfekten, der MINUSCA und den Leitern der PCRC abgegeben wurden“, sagt Agustin Nuñez-Vicandi, KAICIIDs Länderprogrammleiter in der Zentralafrikanischen Republik. „Dazu gehörten die Freilassung des FACA-Kommandos, die Entschädigung derjenigen, die Gewalt erlitten hatten, und auch der Austausch eines marokkanischen Kontingents.“
Nach dem Erfolg dieser Mission hat die Interreligiöse Plattform beschlossen, eine neue Zweigstelle in Obo einzurichten, wo sie ihre friedensfördernden Bemühungen fortsetzen und ein Frühwarnsystem einrichten kann, um neue Spannungen zu beobachten und rasch zu beenden.
Die PCRC hat vor allem bewiesen, dass sie in der Lage ist, Konflikte zu entschärfen und die Versöhnung in Gebieten voranzutreiben, in denen es internationalen Akteuren und der Regierung an Vertrauen in der lokalen Bevölkerung fehlt. Dank ihrer Möglichkeiten und ihres hohen Ansehens in der Gesellschaft konnte die PCRC durch ihr rasches und wirksames Handeln jede weitere Eskalation verhindern, selbst in einem so unbeständigen Umfeld.
„Bevor man ein Problem lösen kann, muss man Zugang zu denjenigen haben, die direkt betroffen sind und einen Dialog mit ihnen führen“, so Nuñez-Vicandi. „Das ist der Vorteil, den die religiösen Führer in der Zentralafrikanischen Republik haben. Die Religion ist das Lebenselixier, das die Hoffnung der Bevölkerung auf eine friedliche Zukunft aufrechterhält.“
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