In Sevillas gepflasterten Straßen hallten im Oktober die Stimmen religiöser Führer, Intellektueller und politischer Entscheidungsträgerinnen und -träger aus ganz Europa wider. Der Muslim-Jewish Leadership Council (MJLC) traf sich zu einer Vorstandssitzung und das Netzwerk European Muslims Leaders Majlis (EuLeMa) hielt seine Generalversammlung ab. Im Herzen Andalusiens, einer Region, die für ihre reiche religiöse Geschichte bekannt ist, kamen die Delegationen zusammen, um die Stimme des interreligiösen Dialogs zu stärken. Angesichts des Krieges in Israel und Palästina und der verheerenden Verluste an Menschenleben in der Zivilbevölkerung räumten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein, dass es eine schwierige Zeit sei, einander zu treffen. Sie waren sich jedoch einig, dass die muslimischen und jüdischen Gemeinschaften in Europa heute mehr denn je zusammenstehen müssen.
Vereinte Stimmen fördern den Dialog
Im Pavillon Hassan II, der ursprünglich der marokkanische Pavillon während der Weltausstellung in Sevilla 1992 war, diskutierten führende Persönlichkeiten aus dem ganzen Kontinent über Themen wie die Stärkung der Rolle der Frau in den europäischen muslimischen und jüdischen Gemeinschaften sowie die Rolle des interreligiösen Dialogs bei der Bekämpfung von Hassrede. Der von der Stiftung „Drei Kulturen“ (F3C) verwaltete Veranstaltungsort diente als symbolische Kulisse für die Begegnung. Der Pavillon ging aus einer gemeinsamen Initiative Marokkos und der andalusischen Regionalregierung hervor, die den Dialog, den Frieden und das friedliche Zusammenleben fördern wollte.
Im Namen von Dr. Zuhair Alharthi, dem Generalsekretär des Internationalen Dialogzentrums KAICIID, lobte der stellvertretende Generalsekretär, Botschafter Antonio de Almeida Ribeiro, in seiner Rede während der Generalversammlung von EuLeMa die Bemühungen und den Erfolg des Netzwerks unter der Leitung von Imam Yahya Pallavicini. Er hob Spaniens Vorbildwirkung als Land der Einheit hervor, insbesondere während seiner derzeitigen Ratspräsidentschaft der Europäischen Union. Außerdem würdigte er Spaniens Bedeutung als wichtiges Mitglied von KAICIID. Er forderte die Anwesenden auf, die Versammlung nicht nur als ein Treffen zu betrachten, sondern als „Spiegelbild unseres gemeinsamen Glaubens aneinander“.
Scheich Faid Mohammed Said, ein angesehenes Mitglied von EuLeMa und MJLC, brachte seine Überlegungen zu dem Treffen zum Ausdruck: „Es ist ein besonderes Privileg, das uns vom Allmächtigen zuteil wurde, persönlich zusammenzukommen, sinnvolle Interaktionen zu fördern und die kollektive Weisheit zu teilen, die sich aus unseren unterschiedlichen Erfahrungen in dieser außergewöhnlich schwierigen Zeit ergibt.“
Er betonte das übergeordnete Ziel der Religion: „Die Kernaufgabe des Glaubens ist die Kultivierung der uns innewohnenden Menschlichkeit, wobei religiöse Führer als Bastionen der Ruhe und des Trostes dienen und ihren Einfluss weit über die Grenzen ihrer unmittelbaren Gemeinden hinaus ausdehnen.“
Er hob die Aktualität und Bedeutung der Diskussionen hervor und unterstrich: „Diese Zusammenkunft war nicht nur angemessen, sondern auch unverzichtbar, da wir einen offenen Dialog über unseren Einfluss auf die Gemeinschaft und den Weg in die Zukunft geführt haben.“
Die Kraft des Ortes
Spanien war mit seiner historischen Verflechtung muslimischer, jüdischer und christlicher Kulturen der passende Ort für eine solche Veranstaltung. In Sevilla und Córdoba, dem Ziel eines Tagesausflugs, sind diese Verbindungen greifbar und wurden von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern durch kulturelle Besuche historischer muslimischer und jüdischer Stätten erlebt. Die lokalen Partner Junta Islamica und die Stadtregierung von Córdoba spielten eine wesentliche Rolle dabei, die Veranstaltung nach Andalusien zu holen.
Während der viertägigen Konferenz versuchten MJLC und EuLeMa, ihre gemeinsame Arbeit voranzutreiben und betonten die Bedeutung der Religions- und Glaubensfreiheit in Europa. EuLeMa entwickelte einen neuen Aktionsplan, in dem dargelegt wird, wie das Netzwerk in den nächsten zwei Jahren eine starke Stimme für muslimische Gemeinschaften in ganz Europa sein will. Neben der Generalversammlung und der Vorstandssitzung gab es zahlreiche Nebenveranstaltungen, Workshops und Diskussionsrunden, die die transformative Kraft des interreligiösen Dialogs hervorhoben. Diese Veranstaltungen, die in Zusammenarbeit mit lokalen andalusischen Organisationen stattfanden, verdeutlichten das gemeinsame Streben nach einer harmonischen Zukunft.
„Ich bin fest davon überzeugt, dass ein mutiger Dialog in einem sicheren Umfeld möglich ist. Die muslimische und die jüdische Gemeinschaft blicken oft nostalgisch auf das 'Goldene Zeitalter' Andalusiens zurück und versäumen es manchmal, sich mit den tiefgreifenden Auswirkungen dieser Ära und der Relevanz dieser Lehren für unsere heutige Welt auseinanderzusetzen. Bei unserer Versammlung befassten wir uns mit dem wichtigen Konzept des gegenseitigen Verständnisses der gelebten Erfahrungen und Traditionen und würdigten ihre unverzichtbare Rolle im historischen Gefüge dieser Epoche.
Es war ein großes Privileg, an diesen Diskussionen vor dem Hintergrund der politischen Spannungen im Heiligen Land teilzunehmen, die in unseren miteinander verbundenen Gemeinschaften nachhallen. Dies im Herzen Andalusiens zu tun, war eine Ehre. Es ist genau dieser Mut, diese Fragen anzusprechen, der das Fundament der Stabilität für unsere jeweiligen Gemeinschaften in ganz Europa und in der gesamten Welt stärken wird“, erklärte Basya Gartestein, Mitglied von EuLeMa und MJLC, die bei diesem bedeutenden Treffen anwesend war.
Religiöse Führungspersönlichkeiten und politische Entscheidungsträger zusammenbringen
Bei den Veranstaltungen wurden Verbindungen zwischen religiösen Führerinnen und Führern und politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern geknüpft. Von Gesprächen mit Alexandre Guessel, dem Sonderbeauftragten für antisemitische, antimuslimische und andere Formen religiöser Intoleranz und Hassverbrechen beim Europarat, bis hin zum stellvertretenden Bürgermeister von Córdoba zielten die Gespräche auf institutioneller Ebene darauf ab, interkulturelle Initiativen zu fördern und die Beziehungen zu politisch Verantwortlichen aus ganz Europa zu festigen.
Der Weg in eine gemeinsame Zukunft
Die übergeordnete Botschaft der Treffen war klar: Die muslimisch-jüdische Zusammenarbeit und Solidarität in Europa ist wichtiger denn je. Die Ergebnisse der Gespräche in Sevilla spiegeln die Ambitionen der Gruppen wider. Der Muslim-Jewish Leadership Council (MJLC) und das Netzwerk European Muslims Leaders Majlis (EuLeMa) haben nicht nur ihre internen Strukturen gestärkt, sondern auch erfolgreich mit regionalen und nationalen Akteuren zusammengearbeitet, um ihre Botschaft zu verbreiten.
Imam Yahya Pallavicin, geschätztes Vorstandsmitglied des MJLC, unterstrich die enorme Bedeutung der Veranstaltung in der gegenwärtigen Situation: „Zu diesem Zeitpunkt bemühen sich Rabbiner und Imame aus ganz Europa gemeinsam darum, einer möglichen Instrumentalisierung unseres Glaubens zuvorzukommen und das Fundament unserer europäischen Gesellschaft zu schützen. Wir alle sind fest entschlossen, unsere Gemeinschaften zu stärken, die in den unvergänglichen Werten der Ehrfurcht, Harmonie und kollektiven Einheit verwurzelt sind.“
Beim Verlassen der historischen Stadt klangen die Worte von KAICIID nach: die gemeinsame Hoffnung auf eine Zukunft, die von „Harmonie, Toleranz und gegenseitigem Respekt“ geprägt ist.
KAICIID dankt dem Muslim-Jewish Leadership Council, European Muslim Leaders Majlis (EuLeMa) und der Europäischen Rabbinerkonferenz, KAICIIDs drei lokalen Partnern: der Junta Islamica, der Stiftung „Drei Kulturen“ und der Stiftung Las Fuentes, sowie der Stadt Córdoba und allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für ihr unermüdliches Engagement und ihre Unterstützung.