Wie religiöse Führerinnen und Führer und lokale Medien in Jammu und Kashmir die Coronavirus-Krise trotz Internetsperre bewältigen

03 Mai 2021

Die internationale Gemeinschaft, religiöse Führerinnen und Führer, Regierungen, lokale Medien und die Zivilgesellschaft haben bei der Verbreitung von Informationen zusammengearbeitet, um die Auswirkungen des Coronavirus seit seinem Ausbruch vor über einem Jahr zu mildern.

Die globale medizinische Notlage hat uns gelehrt, dass sich ein Mangel an Information über die öffentliche Gesundheit und der Anstieg von Falschinformation als Hindernisse für die Erkennung, Prävention und Behandlung der Krankheit erwiesen haben.

Im indischen Bundesstaat Jammu und Kashmir wurden die Bemühungen um Aufklärung, Milderung und Aufrechterhaltung des sozialen Zusammenhalts und des Gefühls der Solidarität angesichts der Pandemie durch die von der Regierung verhängte Sperre des Internetzugangs, die bis Ende 2020 andauerte, behindert.

KAICIID Fellow Sohini Jana, Direktorin des Jammu and Kashmir Policy Institute (JKPI), und Burhan Raina, Leiter der Alternate Kashmir Productions, eine Schwesterorganisation von Alternate Kashmir, beschlossen, an einem Dokumentarfilmprojekt mitzuarbeiten, das untersuchen wollte, wie religiöse Führerinnen und Führer sowie lokale Medien auf die Herausforderungen der Pandemie reagierten.

„Aufgrund der Internetsperre wollte ich herausfinden, wie religiöse Führerinnen und Führer mit ihren Gemeinschaften in Kontakt treten und das Verhalten der Gläubigen während der Coronavirus-Krise lenken; und ob die lokalen Medien diesen wichtigen Akteurinnen und Akteuren bei der Bewältigung der Krise helfen oder nicht“, erklärt Jana.

Der Dokumentarfilm zeigt Interviews mit zwölf Personen aus dem gesamten Bundesstaat Jammu und Kashmir, darunter religiöse Führerinnen und Führer, Gelehrte, Mitglieder von glaubensbasierten Organisationen sowie unabhängige Journalistinnen und Journalisten und lokale Medienhäuser.

„Ich habe mich mit dieser Idee um einen KAICIID Fellows Alumni Microgrant beworben“, einem finanziellen Zuschuss für Projekte ehemaliger Fellows, die sich auf Reaktionen auf das Coronavirus konzentrieren. „Der Antrag wurde genehmigt und finanziell unterstützt“, so Jana.

Als die Internetsperre in Kraft war, wurden die lokalen Medien zum wichtigsten Akteur in der Verbreitung von Information. Sie waren ausschlaggebend für die Bewältigung der Krise. Laut Raina kam auch religiösen Persönlichkeiten „eine wichtige Rolle bei der Führung der Gemeinschaft, der Beratung und emotionalen Unterstützung der Menschen“ zu.

„Religionsgemeinschaften spielen eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Coronavirus-Krise, insbesondere im Kashmir-Tal. Die Bevölkerung des Gebiets ist zu 96 bis 97 Prozent muslimisch. Sie wird in ihrem kulturellen Leben von religiösen Normen geleitet, einschließlich dem Grundsatz, sich regelmäßig zum Gebet und anderen sozialen Zwecken zu versammeln“, erklärt Jana.

„Religiöse Führer genießen im Tal hohes Ansehen. Sie können das Verhalten der Gemeinschaft lenken und Entscheidungen verschiedener Gruppen im Interesse der größeren Gemeinschaft beeinflussen.“

Religiöse Gruppen können bei „konstruktiven Aktivitäten zusammenarbeiten, um anderen Gemeinschaften zu helfen und sie zu unterstützen, wenn und wo es nötig ist, und so bessere Beziehungen zu anderen Glaubensgemeinschaften in Zeiten einer Krise wie COVID-19 aufbauen“, fährt sie fort.

Religionsgemeinschaften könnten „von lokalen Medien unterstützt werden, wenn es darum geht, bewährte Praktiken der Gemeinschaft in Verbindung mit glaubensbasierten Lehren zu dokumentieren und weiterzugeben, die als Beispiele für andere dienen könnten“.

 

 

Liste an Empfehlungen

Um kreative Lösungen für die Herausforderungen mit dem Coronavirus zu fördern, gehört zum Projekt des Dokumentarfilms auch „ein begleitendes Forschungs-Toolkit mit Empfehlungen für mögliche Lösungen, die wir nach dem Studium der gesammelten Daten erarbeitet haben“, berichtet Jana.

Die Empfehlungen richten sich an Vertreterinnen und Vertreter von Religion und Medien, um effektiver zusammenarbeiten zu können.

Ein Vorschlag lautet, dass religiöse Führer oder Akteure auf Journalisten aus ihren Gemeinschaften zugehen sollten, um sie zu ermutigen, über ihren Glauben und religiöse Perspektiven auf lokalen Medienplattformen zu berichten.

Darüber hinaus wurde empfohlen, dass religiöse Führungspersönlichkeiten anfangen, auf verschiedenen digitalen Medienplattformen zu schreiben, um sich als aktive Akteure zu engagieren und ihre einflussreiche und kritische Sichtweise auf Angelegenheiten von gesellschaftlicher Bedeutung darzulegen.

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Lokale Medien sollten ihrerseits in Erwägung ziehen, auf ihren vielfältigen Plattformen Raum für die Berichterstattung über glaubens- und wertebasierte Inhalte rund um kulturelle Themen und die Aktivitäten religiöser Akteurinnen und Akteure sowie Organisationen in den Bereichen Kultur und Sozialarbeit zu schaffen.

Diskutiert wurde auch eine Schulung von lokalen Journalistinnen und Journalisten im Umgang mit religiösen Akteuren. Ein solches Training würde zu mehr Verständnis für die Anliegen der Gemeinschaften führen und ein religiöses Narrativ für eine positive soziale Transformation im Einklang mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung erleichtern.

Medienplattformen könnten eine kritischere Auseinandersetzung mit religiösen Persönlichkeiten aus verschiedenen Glaubensrichtungen erleichtern und einen neutralen Raum für die Förderung des interreligiösen Dialogs zu verschiedenen Themen schaffen. Außerdem können lokale Medien die Initiativen religiöser Akteure in sozialen Medien aktiver unterstützen und so deren Reichweite erhöhen.

Eine der wichtigsten Lektionen, die die Pandemie die Welt gelehrt hat, ist die Bedeutung des Engagements und der Zusammenarbeit verschiedener Interessengruppen.

Zusammenhalt ist in solchen Situationen wichtig, wie Jana ergänzt. „Schulungen von KAICIID oder JKPI zu sensiblen Formen und Techniken des Informationsaustausches, damit die Beziehungen zwischen den Gemeinschaften nicht durch Spannungen und Verunsicherung während einer Krise beeinträchtigt werden, können die Sache weiter unterstützen.“